Das Abschiednehmen

Die meisten Menschen, wollen den Tod eines lieben Angehörigen nicht wahrhaben. So ist es nicht verwunderlich, dass sie den Verstorbenen nicht mehr sehen möchten. “Ja keinen Toten sehen – schon gar nicht mein Liebstes”

Die Erfahrung zeigt, dass Menschen, die aktuell mit einem Trauerfall konfrontiert sind, meist den Verstorbenen in Erinnerung behalten wollen, wie sie ihn gekannt haben. Sarg geschlossen lassen. Auf den ersten Blick scheint das in der Tat ein Weg zu sein, der hilft, mit dem aktuell Geschehenen zurecht zu kommen.

Die Wahrheit ist, dass aber genau dieser Weg der verkehrte Weg ist. Den Verstorbenen nicht mehr zu sehen, den Sarg geschlossen lassen, stellt ein Flucht vor dem Unbekannten dar. Das nicht wahrhaben wollen der Situation. Uns Menschen wurde, wie in den anderen Themen bereits erwähnt, kein Verhalten mit auf unseren Lebensweg gegeben, das wir nutzen könnten.

Nun – der Gedanke, seinen lieben Verstorbenen zu sehen – tot – ohne zu atmen – ohne Reaktion – bleich und regungslos, hindert uns, an einem offenen Sarg Abschied zu nehmen.

Tatsächlich ist es aber so, dass das “sich der Tatsache stellen” nahezu magische Kräfte beinhaltet. Natürlich nur, wenn es die Optik eines Verstorbenen zulässt!

 

Mann und Frau trauern am Geburtstag des oder der Verstorbenen, sie lernen das Abschied nehmen.

Das wohl wichtigste bei einem eingetretenen Todesfall ist es, sich ausgiebig vom Verstorbenen zu verabschieden. Am offenen Sarg. Es ist von enormer Wichtigkeit, dass auch unser Unterbewusstsein verstehen kann, dass unser Liebstes nicht mehr auf dieser Erde weilt. All unsere Sinnesorgane übermitteln unserem Gehirn und unserem Unterbewusstsein alle Informationen der gesamten Wahrnehmung. So ist es unbedingt notwendig, sich von einem ausgebildeten TrauerCoach anzuvertrauen und sich durch den Prozess eines Abschiednehmens führen zu lassen.

Begonnen mit dem Moment der Todesnachricht bis hin zur Trauerfeier/Beisetzung ist der ausschlaggebende Zeitraum, in dem der Grundbaustein für eine gesunde Trauer gelegt werden sollte. Alles was wir in diesem Zeitraum erleben, wird als Erfahrung in unserem Gehirn gespeichert. Umso wichtiger ist es, dass man alles was man ab dem Zeitpunkt der Todesnachricht erfährt, auf warme und sanfte Weise durchlebt. So z.Bsp. wirkt der Vorschlag des Abschiednehmens an einem offenen Sarg nur deshalb abschreckend, weil man im Grunde nicht weiß, was da auf einen zukommt!

(Augen) Die wichtige Aufgabe beim Abschiednehmen am offenen Sarg ist es, schon bei der Auswahl der Kleidung darauf zu achten, dass der Verstorbene Kleidung anbekommt, von dem die Angehörigen wissen, dass der Verstorbene sich darin wohl fühlt, bzw. wohl fühlen würde. Wie von selbst entsteht beim Betrachten ein wohltuendes Gefühl der Würde.

(Haut/Berührung) In einem weiteren Schritt ist es notwendig, den Verstorbenen zu berühren, in dem man ihm beispielsweise über die Wangen streicht oder die Hand berührt. All das, was wir als Reiz über die Haut wahrnehmen gelangt in das Unterbewusstsein. Auf diese Weise gibt man dem Unterbewusstsein die Möglichkeit, zu begreifen, dass unser Liebstes wirklich tot ist und nicht wieder zurückkehrt. Im Unterbewusstsein bedeutet, dass das auf einer Ebene stattfindet, die man als Angehöriger selbst nicht mit bekommt! Im Lauf dieses Prozesses, macht sich allerdings auch der bewertende Verstand daran, sich sanft mit der Tatsache “abzufinden” und leitet eine gewisse Entspannung ein.

(Ohren) Bei einem Abschiednehmen ist es sehr wohltuend, wenn man entsprechende Musik im Hintergrund laufen lässt. Musik hat eine entscheidende Rolle, da sie auf unsere Gefühlswelt massiv Einfluss nimmt! Es empfiehlt sich dabei Musik zu nehmen, die der Verstorbene gern gehört hat. Vielleicht sogar die CD benutzt, die der Verstorbene selbst benutzt hat.

All die beschriebenen Möglichkeiten ergeben im Zusammenhang eine Erfahrung, welche angenehme und warme Bilder abgespeichert, die wir mit in die Zukunft nehmen. Der erste Grundbaustein ist auf dieses Weise gesetzt und hat dafür gesorgt, dass der Zustand einer gewissen Entspannung eingetreten ist. Vom Tag des Todes bis zum Tag der Beerdigung liegen meist ein paar Tage. So ist es ratsam jeden Tag dazu zu nutzen, um vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. In manchen Fällen seit 1993 habe ich erlebt, wie Menschen täglich 3-4 Stunden beim Verstorbenen waren. In anderen Fällen waren es zum Beispiel lediglich 15 – 20 Minuten. Das macht jeder Mensch anders.

Mit einem ausgebildeten, effektiven TrauerCoach kann man sich als Angehöriger durch das Abschiednehmen führen lassen, um gesund aus der gesamten Erfahrung zu gelangen.

Einer der bedeutendsten und außergewöhnlichsten Erfahrungen, durch die man von einem ausgebildeten TrauerCoach geführt wird, beinhalten die 4 wohltuenden Schritte im Zuge deren man individuell bestimmte Dinge mit dem Verstorbenen spricht. Auch wenn keine Antwort kommen kann, ist das “besprechen” bestimmter persönlicher Angelegenheiten von großer Bedeutung, da es exakt diese Prozesse sind, die einen Zustand des inneren Friedens etablieren können.

In einem abschließenden Schritt gehört auch zu einem Abschied nehmen, dass man eine Trauerfeier individuell zusammenstellt und organisiert. Und zwar vollständig im Sinne des Verstorbenen. Von einer persönlichen Dekoration, über die Auswahl von Musik bis hin zu einem dem Verstorbenen entsprechenden Pfarrer/in oder Redner/in.

Der wohl wichtigste Aspekt um sich einen fundamentierten Grundstein zu setzen, der einen gesund durch eine Trauer begleitet ist es, alles im Sinne des Verstorbenen so zu organisieren, dass der Verstorbene selbst sagen würde: Das habt ihr so toll gemacht! Wie von selbst entsteht das Gefühl der Zufriedenheit.

All diese Zustände, die man sich ganz reell im Zuge eines Trauerfalls erarbeiten kann, können einen Trauernden auf überraschende Weise dabei unterstützen mit Kraft und einem Gefühl des Stolzes aus einer Trauererfahrung hervor zu gehen!
Etwas das wir so nie gelernt haben – obwohl es seit es Menschen gibt vorhanden ist und genutzt werden kann!

Natürlich bringt nichts und niemand unsere lieben Verstorbenen zurück. Wir sind es, die zurück bleiben und mit einer solchen schlagartigen Veränderung klar kommen müssen. Jeder Mensch ist froh, wenn er durch Veränderung gehen muß, dass er das entspannt und mit einem gewissen Gefühl des inneren Friedens und der Ruhe durchleben kann!

Für uns, die da bleiben ist es doch von enormer Wichtigkeit, dass wir gesund bleiben. Im Mentalen als auch auf der körperlichen Ebene. Und so kann ein ausführliches und intensives Abschiednehmen genau dafür sorgen, dass wir gesund aus solch einer Erfahrung heraus kommen und auch körperlich Gesund bleiben.

Mit großer Wahrscheinlichkeit würden das auch unsere lieben Verstorbenen sich für uns wünschen!

29. August 2016
© by Thomas Sommerer 2016